Noch mehr WordPress: Google und Automattic bringen CMS namens "Newspack" für Journalisten und Redaktionen

Inzwischen sind es mehr als 32 Prozent aller Websites weltweit, die mit dem Content Management System WordPress realisiert worden sind (Quelle: w3techs). Die Software WordPress ist unter einer quelloffenen Lizenz verfügbar (wordpress.org) und ist die technologische Basis für ein kommerzielles Angebot der Firma Automattic, die der WordPress-Mitgründer Matt Mullenweg führt. Medien berichten aktuell über eine Kooperation zwischen Google und dem kommerziellen Bruder von WordPress im Newsbereich.

Verstärkte Kooperation

Im vergangenen Jahr wurde eine Kooperation zwischen WordPress und Google bekannt. In der Praxis läuft dies wohl so, dass Google einige Softwareentwickler bezahlt, die in der WordPress Community mitarbeiten. Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit dürfte auch Site Kit sein, ein Plugin von Google im Betastadium , das einige Dienste in die WordPress-Installation integriert.

Erste Früchte einer intensivierten Zusammenarbeit zwischen WordPress und Google: Sitekit als Plugin für WordPress. Quelle: https://sitekit.withgoogle.com/

Das Technologiemagazin Techcrunch berichtet nun von einer neuen Initiative von Google und Automattic. Auf Basis von WordPress soll ein Content Management System für Redaktionen und Journalisten entstehen, um Inhalte zu erstellen und zu monetarisieren. Dafür sind Funktionen nötig, die die Open-Source-Version von WordPress nicht von Haus aus integriert hat. Dazu gehören Möglichkeiten, Abonnenten zu registrieren, verschiedene Zahlungssysteme zu integrieren und den Zugriff auf bestimmte Beiträge nur fallweise zu ermöglichen. Zwar lassen sich solche Funktionen mit Plugins ergänzen, in der Praxis ist eine „Out of the Box“-Lösung aber zu bevorzugen, gerade im Hinblick auf Sicherheit und Performance.

Dass „Newspack„, so der Name des Produkts, mit Automattic realisiert wird, deutet bereits darauf hin, dass es sich nicht um ein Open-Source-Angebot handeln wird, sondern um eine proprietäre Lösung im Sinne eines Clouddienstes: Einige Quellen sprechen von monatlichen Kosten von 1.000 oder 2.000 US-Dollar nach einer Einführungsphase, für dich sich passende Organisationen bewerben können. Allerdings muss man einen festgelegten Kriterienkatalog erfüllen.

Automattic, Google und weitere Organisationen kündigen ein Redaktionssystem für kleine und mittelgroße Newssites an. Bildquelle https://newspack.blog

Techcrunch berichtet von einem Investitionsvolumen für das Projekt in Höhe von 2,4 Millionen US-Dollar, wobei die Hälfte der Summe von Google gestellt werden würde. Google nimmt diese Investitionen aus der News Initiative. Weitere Geldgeber sind das Lenfest Institute for Journalism (eine Non-Profit-Organisation, die Lokaljournalismus fördern will), das in New York ansässige Unternehmen ConsenSys (im Bereich Blockchain engagiert), das Journalistennetzwerk Civil Media und die John S. and James L. Knight Foundation, eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Miami, die Projekte in Journalismus, Communities und Kunst finanziert. Alle zusammen sollen eine weitere Million Dollar beisteuern, schreibt der Product Management Director Jim Albrecht in einem Google-Blogpost. So blieben noch 0,2 Millionen Dollar übrig, die dann wohl Automattic investiert.

Der Launch ist für Juli 2019 angekündigt. Eine Einführungsphase, in der auch noch weiter entwickelt wird, soll bis Januar 2020 dauern.

Teil der Google News Initiative

Im Falle von Google wird das Projekt offenbar von der Google Suchabteilung heraus betreut, wo offensichtlich auch die Google News Initiative angesiedelt ist. Mit diesem Programm unterstützt Google weltweit viele Nachrichtenredaktionen und Journalismusprojekte unterschiedlicher Größe. Zu den Nutznießern gehören in Deutschland viele große, etabliert und einige kleine Medien und Contentstartups, die im Rahmen von Googles Digital News Innovation Fund gefördert wurden, zum Beispiel Followistic, die FAZ, G+J Digital, Neue Welle Rundfunk-Verwaltungsgesellschaft, Content Flow, Spiegel Online, Handelsblatt, Wirtschaftswoche, Funke Medien. Auch die Berliner Zeitung „Tagesspiegel“ war schon mit einem 550.000-Euro-Projekt dabei.

Die Einladung zu einer frühen Beteiligung an Newspack während der Entwicklungs- und Einführungsphase richtet sich augenscheinlich vorrangig an amerikanische lokale Newssites. „Later in 2019“ soll Newspack global ausgerollt werden, heißt es im Google Blogbeitrag.

Aus dem Spektrum der am Projekt Newspack beteiligten Unternehmen ist bereits erkennbar, wohin die Reise mit Newspack gehen könnte:

Gerade für kleine Publikationseinheiten, also lokale Newssites, dürfte der anvisierte Kostenpunkt von 1.000 bis 2.000 Dollar monatlich bereits eine gewisse Hürde darstellen. Allerdings entfallen Kosten für den Aufbau und den Betrieb eines eigenen Systems. Selbst bei semiprofessioneller Herangehensweise muss Personal vorgehalten werden, das sich um technische Fragen kümmert.

Größere Publisher werden allerdings bereits eigene Lösungen etabliert haben. So haben gerade Online Magazine, die erst mit der Umwälzung des Journalismus von Print auf Online entstanden sind, von jeher auf WordPress gesetzt und angepasste Lösungen inhouse entwickelt. Andere Lösungen im Open-Source-Umfeld basieren, vor allem in Deutschland, auf TYPO3.

Newspack ist für kleinere und lokale Newssites konzipiert

Mehrwert könnte für die Kunden durch die Verzahnung von Distribution (Suchtraffic Traffic von Google), Payment auf Blockchainbasis (durch Consensys) und Know How Transfer (durch Lenfest und die Knight Foundation) entstehen. Hinzu kommt die Expertise von Automattic im Betrieb einer solchen Lösung.

Wie es heißt, kooperiere Automattic in Sachen Journalismus auch mit Spirited Media, einem jungen Unternehmen, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, funktionierende Geschäftsmodelle und redaktionelle Konzepte für den Lokaljournalismus zu entwickeln. Die Sites Billy Penn in Philadelphia, The Incline in Pittsburgh sowie Denverite in Denver werden unter diesem Vorzeichen von Spirited Media gemanaged. Auch die Zusammenarbeit mit Revenue Hub geht in diese Richtung.

Zudem haben sich die diversen WordPress-Ökosysteme als langlebig erwiesen während Google-Produkte gerne nach einer gewissen Phase der Erfolglosigkeit eimngestellt werden. Jüngstes Beispiel ist Google Plus.

Allerdings entsteht hier auch die Gefahr eines Lock-In-Effekts: Kunden, die mit diesem Redaktionssystem starten und eigene Lösungen abschalten, könnten Probleme bekommen, wenn die Produktentwicklung eine Richtung nimmt, die nicht mehr mit ihren Vorstellungen übereinkommt. Entsprechend sollte man vorher prüfen, ob man im Newspack-Szenario nach wie vor im vollen Besitz der Inhalte ist, diese Inhalte notfalls exportieren kann.

Fazit

Newspack festigt den Stand von WordPress als Multi-Purpose Content Management System. Allerdings werden die Entwicklungen im Rahmen des Projekts wohl nicht der Open-Source-Software zu Gute kommen. Die Funktionen werden soweit erkennbar nicht als Plugins ausgeführt (die dann unter einer Open-Source-Lizenz verfügbar sein müssten), sondern als neues Produkt, das als Cloud-Dienst zur Verfügung gestellt wird.

Es bleibt zu hoffen, dass das Google-Engagement in WordPress sich nicht auf die Integrationsplugins wie Site Kit und Newspack beschränkt, sondern dass auch weitere Sicherheitsfeatures und auch Performanceverbesserungen das Licht der Welt erblicken können.

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