Was soll das sein? Wir entmystifizieren „holistische Landingpages“

Wenn du diverse Blogs von SEO-Toolanbietern mitliest oder auch mal einen Podcast hörst, kommst du aktuell am Buzzword „Holistische Landingpage“ nicht vorbei. Du erkennst vielleicht eine esoterische Anmutung und fragst dich „Was zur Hölle soll das sein?“. Wir offenbaren hier das ganze Geheimnis.

Fangen wir bei Vertrautem an: Eine Landingpage ist eine konkrete Webseite mit einer URL, die sich als Einstiegsseite eignet – etwa wenn ein User über eine Adwords- oder Displayanzeige abgeholt wird oder auch aus Facebook oder Twitter dahin dirigiert worden ist.

Was eine Landeseite ist, wissen wir alle

Die Landeseite greift idealerweise das Thema auf, das in der Anzeige oder in einem Post angerissen worden ist.

Diese Landeseite kann zufällig zu einer Landeseite geworden sein, weil der User diese als Suchtreffer aus der Websuche gefunden hat und auf den Link klickte, die Seite aber irgendeine Seite in einem größeren Webauftritt ist oder sie kann von vorne herein als Landeseite konzipiert worden sein. Eine Homepage im Sinne der klassischen Startseite eines Webauftritts mit der Endung index.html oder index.php (was man als User gar nicht hinschreiben muss – der Browser findet diese Datei auch so als Startseite) ist also und war schon immer eine Landeseite.

Ansonsten baut man Landeseiten oft auch ganz bewusst nur für einen Zweck, eben als Ziel für den Klick, den ein interessierter User tätigt, weil er aufgrund eines Social Media Postings oder einer Werbeanzeige neugierig geworden ist. Solche Landeseiten stehen meist gar nicht in der Navigation auf der regulären Website, sondern sind nur über die Anzeige erreichbar. Das funktioniert auch mit der normalen Google-Suche. Es finden sich unter den Treffern typische Landeseiten. Um das zu erreichen, muss eine solche Landeseite allerdings mit entsprechend viel Inhalt mit hocher Informationsdichte, hoher Qualität und hohem Nutzwert angereichert werden. Wie man das macht, steht weiter unten.

Allgemein: Man produziert Landeseiten, um inhaltlich möglichst zielgenau das signalisierte Interesse des Users aufzugreifen und ihm die gewünschte Information zukommen zu lassen – oder ihn zu weiteren Interaktionen zu veranlassen. Solche Interaktionen können eine Newsletterbestellung sein, eine Bestellung eines Produkts, eine tieferer Einstieg in die Website, das Auslösen eines Telefonanrufs, ein Share oder ein Like.

„Holistisch“…wtf..?

Nun zum Begriffsbestandteil „holistisch“. Am einfachsten könnte man es mit „ganzheitlich“ übersetzen. Man verwendet aber nicht das Wort „ganzheitlich“, da dieses Wort im deutschen Sprachgebrauch an Wundermedizin und teuer zu bezahlende Diätgeheimnisse assoziiert wird.

Wenn dein Computer kaputt ist und nicht mehr startet, sagst du – falls du ganzheitlich argumentierst – „mein Computer ist kaputt“. Wenn du nicht-ganzheitlich denkst, sagst du „der Festplattencontroller in meinem Computer kann die HD nicht mehr ansprechen.“ Inexaktheit läuft der metrik-fetischistischen Grundausrichtung der SEO-Szene eigentlich entgegen, da man ja das Paradigma exakter Ursache-/Wirkungszusammenhänge – postuliert, sozusagen deterministische Grundannahmen anlegt. 🙂

Dennoch will man genau das mit „holistisch“ ausdrücken: Alles hängt mit allem zusammen. Wahrscheinlich war der Schritt in die ganzheitliche Betrachtung nötig als SEO nicht mehr nur im wesentlichen darin bestand, Links auf eine Website zu organisieren, je mehr desto besser, um den PageRank-Algorithmus zur Abschätzung der Bedeutung eines Webdokuments zielgerichtet, manchmal missbräuchlich zu bedienen.

Das Begriffspaar „Holistische Landingpage“ selbst dürfte aus dem ähnlich gelagerten Begriffsungetüm „Holistischer Content“ abgeleitet worden sein, das ein in Deutschland sehr bekannter SEO-Star, der begrifflich gerne Anleihen in der Neurowissenschaft und Psychologie nimmt, vor einiger Zeit geprägt hat. Das ist nichts Schlimmes, das machen Fans des „neurolinguistischen Programmierens“ (NLP) ja auch.

So, nun müssen wir noch hinterfragen, was denn das Holistische an einer Landingpage sein kann.

Es geht darum, dass mit dem Aufruf einer einzelnen Webseite dem Informationsbedürfnis des Users, der diese Webseite besucht, zu entsprechen. Er, der User, soll also nicht über eine Websuche auf irgendeiner Seite im großen Webauftritt landen und von dort aus über die interne Suche weiterkommen oder sich durch die Menüs durchklicken müssen, um dies Information zu finden, die er nachfragt. Die einzelne Seite soll das Informationsbedürfnis komplett befriedigen und dem User weitere Interaktionen anbieten, die er im Idealfall gerne wahrnimmt, weil die einzelne Seite so hilfreich für ihn war.

Im Zuge der weiterein Interaktionen macht nun der Anbieter, der Ersteller der Webseite seinen Schnitt und bedient sein Businessmodell. Der User hinterlässt seine Mailadresse, weil er Kontakt zum Anbieter aufbauen will. Er bestellt gleich war, schließt ein Probeabo für den problemlösenden Service ab oder liked die Seite zumindest. Ziel erreicht, Win/Win: Ich geb dir Informationen und löse dein Problem, du gibst mir Daten und/oder eine Empfehlung für meinen tollen Service. Das ist die Idee hinter einer holistischen Landingpage.

Die sechs wichtigsten Merkmale holistischer Landingpages

  • Es handelt sich um eine Seite, nicht zehn, nicht zwanzig. Nur eine Seite. Dabei können natürlich weitere Links zu anderen Aspekten oder Produkten führen, aber diese Links sind aus Sicht des Besuchers optional. Er soll nicht klicken müssen, um das zu bekommen, was wir ihm in der Anzeige oder im Post versprochen oder in Aussicht gestellt haben.
  • Auf dieser einen Seite wird genau ein Thema behandelt oder eine Sache thematisiert. Dieses eine Thema hat in den Metatags wie <title> oder <description> eine exakte Entsprechung.
  • Man braucht für das Thema auch nur genau eine Seite. Für Synonyme des Begriffs zum Thema brauchen wir keine zweite Landingpage. Man muss auch keine weitere Landingpage erstellen, wenn man Variationen der Schreibweise bewerben will.
  • Diese eine Seite behandelt das Thema erschöpfend. Vielleicht ist dies die größte Herausforderung bei der Planung einer solchen holistischen Landingpage. Wie weiß ich eigentlich, wann ich genug Informationen vermittelt habe? Wahrscheinlich gar nicht. Ganz pragmatisch wird es so sein, dass der Umfang nicht zu groß und nicht zu gering sein sollte. Zu gering vermittelt nicht genug Information, so dass das Thema nicht erschöpfend behandelt ist. Ein Zuviel schießt über das Ziel hinaus, was auch nicht gerade effizient ist. Vielleicht kann man sich an der Zeit orientieren, die der Nutzer typischerweise aufbringt, um die Inhalte der Webseite zu erfassen. Gehen wir hier von 20 bis 30 Sekunden aus. Langer Text heißt nicht zwangsweise guter Text. Kurzer Text heißt aber auch nicht zwingend guter Text. Das Ideale liegt dazwischen. Sicherlich muss man dies austesten. Wenn die Absprungrate zu hoch ist oder die Interaktionen fehlen, sollte man die Informationsmenge entsprechend variieren (um das zu messen, gibt es Google Analytics oder auch Piwik).
  • Das Web kann mehr als Text und daher braucht deine holistische Landingpage Grafiken, Tabellen, Animationen, Videos, Boxen. Allerdings aber auch keine sinnlosen Grafiken, Tabellen, Animationen und Videos.
  • Holistische Landingpages sind responsiv und nutzen Rich Snippets, Feature Snippets und andere angemessene informationarchitekturelle Elemente -eigentlich alles, was geht und Sinn macht. Gerne auch Lazy Loading Bilder, dynamisierte Inhaltselemente wie ein Accordeon, Jumotrons, Carousals, Slides, Navtabs oder Popovers – wie gesagt: Alles, was geht und Sinn macht. Schau dir Bootstrap an und lass dich von den Möglichkeiten inspirieren. Verheirate Inhalt mit Form. Usern gefällt so etwas übrigens, sie sagen dann, das wäre eine „gute Seite“ und dann klicken sie gerne.

Fazit

Ja, eine holistische Landingpage ist aufwendig. Es hat auch keiner gesagt, holistische Landingpages wäre einfach und billig zu haben.

Man muss qualitativ hochwertige Inhalte erstellen, die Seite ausprogrammieren (lassen) und testen, testen, testen.

Wenn es gut läuft, schießt die holistische Landingpage auf die erste Seite der Googlesuchergebnisse zum gewünschten Keyword. Falls nicht geht das Landingpageprojekt in die Iteration, um dort hinzukommen. Das heißt: Die Seite kommt auf den Prüfstand und die erfolgsbestimmenden Aspekte werden systematisch durchgetestet.

 

2 Antworten auf „Was soll das sein? Wir entmystifizieren „holistische Landingpages““

    1. Ganz sicher lässt sich dazu noch viel mehr sagen. Der Beitrag soll das Thema etwas einordnen. Ein Tutorial mit wirklichen Handlungsanleitungen oder getesteten Prinzipien können wir ja gar nicht liefern. Wir texten für User mit begrenztem Budget im SoHo/Small Business- Bereich, die mehr oder weniger auf sich gestellt sind, ohne großes Team um sich, die aber genauso wie Mittelständler oder Betreiber großer Sites vor der Herausforderung stehen, im Web Kunden zu finden oder wenigstens Interesse für ihre Dienstleistungen zu erzeugen.

      In Zusammenhang mit „holistisch“ denke ich an Beiträge wie Gute Texte? Wir brauchen geile Inhalte, die direkt ins Hirn knallen! oder beziehe mich auf Beiträge wie TANZ MIT DEM KUNDEN – ONLINE-MARKETING MIT KARL KRATZ die bei der Recherche zu diesem Artikel aufgefallen sind. Es gibt so viele Beiträge mit vergleichbarem „Sound“, die sich um den Begriff „holistischer Content“ beziehen, dass es schwerfällt, den wegbereitenden oder bahnbrechenden Ursprungstext zu identifizieren.

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