Briten sollen das Territorium im Indischen Ozean zurückgeben – was passiert mit den .io-Domains?

Viele denken, die Top Level Domain .io gehört zu der Gruppe der neuen Top Level Domains. Tatsächlich aber ist .io eine „zweckentfremdete“ Länderdomain und steht für „British Indian Ocean Territory“, eine Inselgruppe, die seit 1814 zu Groß Britannien gehört.

Satellitenbild von NASA (Public domain), Wikipedia Commons
Bild von Diego Garcia, British Indian Ocean Territory; ALPHA-2/ISO3166-Länderkennung IO, NASA (Public domain), Wikipedia Commons

Mit i/o werden gerne Begriffe wie „in/out“ oder „Input/Output“, wie sie in der Informationswissenschaft vorkommen, abgekürzt. Daher findet man die Domainendung .io manchmal in den Domainnamen von Software-Entwicklerfirmen oder Tech-StartUps. Auch die jährliche Google-Konferenz für Entwickler nennt sich „Google i/o“. Nun ist aufgrund politischer Entwicklungen fraglich, ob die Top Level Domain .io noch lange bestehen wird.

Die „British Indian Ocean Territory“ – Inseln sind heute nahezu unbewohnt. Die ursprünglichen Bewohner, die Chagossianer, wurden einst nach Mauritius und auf die Seychellen zwangsumgesiedelt und kämpfen seit langem schon mit Petitionen und Klagen um ihre Rückkehr.

Noch 2016 verweigerten die Briten offiziell die Wiederbesiedelung der als Militärstützpunkte genutzten Archipele der Inselgruppe. Das größte Atoll, Diego Garcia, ist seit 1966 bis 2036 an die USA verpachtet, ein Deal aus dem Kalten Krieg der Supermächte. Heute stationieren die USA dort Bomber für den „Krieg gegen den Terror“ und unterhalten dort eine CIA-Basis.

Die Sache lag beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Dieser forderte Chagos, so der ursprüngliche Name des Inselstaats, an Mauritius zurückzugeben, das 1968 von Groß Britannien unabhängig wurde. Im Mai 2019 hat nun auch die UN-Vollversammlung eine entsprechende Resolution verabschiedet, mit „großer Mehrheit“, wie die Welt schreibt. Sechs Monate hätten die Briten nun Zeit dafür.

Unter bestimmten geographischen Aspekten ist .io mit .tv vergleichbar. Auch .tv steht für eine Inselgruppe, die dünn besiedelt ist und deren Länderdomain etwas zweckentfremdet (für „Television“) verwendet wird.

Im Gegensatz zu den (wenigen) Einwohnern von Tuvalu profitieren die Chagossianer allerdings nicht von der Länderdomain: Das Recht zur Vermarktung der .io-Domainnamen fiel der britischen Firma Internet Computer Bureau Ltd (ICB) zu, die 2017 an Afilias verkauft wurde. Die ursprünglichen Bewohner sehen nichts von den Einnahmen aus dem .io-Registriergeschäft. Es düften an die 300.000 Domainnamen unter .tv registriert sein.

Sollte sich die Regierung in London an die UN-Resolution halten und die Inselgruppe wieder Teil von Mauritius wird, dürfte sich der Name des geographischen Gebiets „British Indian Ocean Territory“ ändern. Und weil .io eine Länderdomain ist, gibt es keinen Grund mehr, eine .io-Länderdomain zu betreiben.

Nun könnte man auf die Idee kommen, .io einfach als globale Top Level Domain betreiben zu lassen, allerdings sehen die Vergaberichtlinien weltweit vor, dass nur Länderdomains, ccTLDs, aus zwei Buchstaben bestehen. Dabei folgt die Zuordnung dem ALPHA-2-Code gemäß der Norm ISO 3166, wobei jedem Land eine zwei Buchstaben umfassende Kennung zugeordnet ist.

Globale Domains (gTLDs) und neue globale Domains (nTLDs) bestehen aus drei beziehungsweise mehr als drei Zeichen. Es ist also nicht auszuschließen, dass die Domainnamen unter .io im Falle einer Rückgabe des „British Indian Ocean Territory“ gelöscht werden müssen. Andernfalls müsste man wohl eine Kompensationslösung für Chagos finden und die Indian Ocean Teeritory als georgraphisches Gebiet definieren, das unter Umständen auch eine ccTLD betreiben darf (so wie die Europäische Union .eu betreibt, aber auch kein eigener Staat ist).

.io-Domains sind bei goneo nicht registrierbar. Eine vollständige Liste aller über goneo registrierbarer Top Level Domains befindet sich hier.

2 Antworten auf „Briten sollen das Territorium im Indischen Ozean zurückgeben – was passiert mit den .io-Domains?“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert